3.3 Die Kontinuitätsgleichungen



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3.3 Die Kontinuitätsgleichungen

 

Die Kontinuitätsgleichung für den Stromfluß der Ladungsträger vom Typ lautet:

 

Dabei ist die Stromdichte der Ladungsträger des Typs (im einfachsten Fall mit je einem Elektronen- und Löcherband also oder ); ist die Simulationszeit, und sind wie vorhin Elementarladung und Trägerkonzentration, und ist eine Nettorekombinationsrate der Ladungsträger des Typs , in der alle Rekombinationsmechanismen und Transfermechanismen zu anderen Bändern zusammengefaßt sind.

Die Stromdichte ist ein Produkt aus der Beweglichkeit , der Trägerkonzentration und der sogenannten ,,treibenden Kraft`` :

 

Die Beweglichkeit wird bei Drift-Diffusionsmodellen als eine Funktion vieler Einflußgrößen, besonders der treibenden Kraft, beschrieben, während sie im hydrodynamischen Modell von der Trägertemperatur und anderen Einflußgrößen abhängt:

  

Die beiden Darstellungen sind miteinander verwandt; durch die Wahl eines geeigneten lokalen Zusammenhangs zwischen treibender Kraft und Temperatur kann man die Drift-Diffusions-Formulierung aus der hydrodynamischen erhalten.

Die Diffusivität ist mit der Beweglichkeit über die EINSTEIN-Relation verbunden, die für Drift-Diffusionsmodelle mit der Gittertemperatur, für hydrodynamische Modelle in verallgemeinerter Form mit der Ladungsträgertemperatur angeschrieben werden kann:

  

Dabei ist die BOLTZMANN-Konstante.

Daß man den Diffusionskoeffizienten bei der Drift-Diffusions-Formulierung mit der Gittertemperatur anschreibt, obwohl die Beweglichkeit und damit auch der Diffusionskoeffizient aus der Annahme einer lokalen Temperatur entstanden sind, bedeutet eine Inkonsistenz des Drift-Diffusions-Modells, die im hydrodynamischen Modell vermieden wird.

Im Simulator wird derzeit für Silizium-Bauelemente und Drift-Diffusions-Formulierungen die Beweglichkeit aus MINIMOS [30][69] verwendet. Für die Simulation des HEMT Transistors in Kapitel 11 wurde ein hydrodynamisches Modell implementiert, das auf Seite gif beschrieben ist.

Außer den Parametern und können alle folgenden Beziehungen für Drift-Diffusion vereinfacht werden, indem man die Trägertemperatur gleich der konstanten Gittertemperatur setzt. Wenn man dagegen die Zustandsdichte und die Bandkantenenergie konstant hält, ergibt das die aus der Literatur über Hydromodelle bekannten Formulierungen [23][62][47][5] für homogene Materialien (also ohne Heteroschichten).

Die treibende Kraft wird definiert, indem man von der Stromdichte in 3.22 die entsprechenden Faktoren abspaltet. Leitet man das Modell für die Stromdichte aus der BOLTZMANN-Gleichung ab, so ergibt sich für die treibende Kraft ein Ausdruck, der einen Gradienten der potentiellen Energie enthält, ferner einen Gradienten der Konzentration , einen Term, der die Änderung der Zustandsdichte berücksichtigt, und einen Gradienten der Trägertemperatur .

 

Dabei ist das elektrische Feld nach (3.3), die Bandkantenenergie, die als Materialparameter nur ein additiver Beitrag zum Potential für den speziellen Ladungsträgertyp ist, und ist die Zustandsdichte (ebenfalls ein Materialparameter). Im Fall einer reinen Drift-Diffusionsformulierung hat das Vektorfeld der treibenden Kraft ein Potential, das sogenannte Quasiferminiveau :

  

Dagegen gibt es im hydrodynamischen Modell kein solches Quasiferminiveau. Weil der Rotor der treibenden Kraft, der sich zu

 

errechnet, nicht verschwindet, kann diese kein Potential besitzen. (Wäre , dann wäre Null.) gif

Nach Ausführen derselben Boxintegration wie für die Poisson-Gleichung und nach dem Ersetzen der Integrale durch geeignete Mittelwerte erhält man die diskretisierte Kontinuitätsgleichung:

 

Dabei ist die Projektion der Stromdichte auf die Verbindungslinie der Punkte und . ist eine geeignete Mittelung zwischen den beiden Gitterpunkten. ist der Strom zwischen den beiden Gitterpunkten. und sind die geometrischen Daten der Gitterinformation.

Die Kontrollfunktion zur Kontinuitätsgleichung wird definiert als

 

und damit erhält die Kontinuitätsgleichung für Ladungsträger vom Typ die Form

 

beziehungsweise für alle Ladungsträgerarten in einem Vektor zusammengefaßt die Form

 

bei der aus den Vektoren ein neuer Vektor gebildet wurde.

Der Stromfluß läßt sich als allgemeine Funktion der Werte an den Gitterpunkten und auffassen:

 

Die Ableitung der Diskretisierungsvorschrift für die Stromdichte ist gemeinsam mit der verwandten Ableitung der Vorschrift für die Energiestromdichte in Kapitel 4 enthalten, wo auf die Voraussetzungen und Eigenschaften der Diskretisierung genauer eingegangen wird. Dort ist auch eine Diskretisierungsvorschrift für die treibende Kraft angegeben, die zur Auswertung der Beweglichkeit bzw. der Diffusivität benötigt wird.

Um den funktionalen Ausdruck für (3.38) zu erhalten, muß man die Formel (4.44) für die Stromdichte noch mit der Querschnittsfläche multiplizieren:

 

mit der Hilfsgröße :

 

Dabei ist

 

die BERNOULLI-Funktion.

Da der Grenzwert des Ausdrucks

 

sich für diesen Grenzfall mit den Temperaturen in der Klammer wegkürzt, kann man für konstante Temperatur die Stromdiskretisierung wie folgt vereinfachen:

 

und für ergibt sich:

 

Die mittlere Diffusivität wird im hydrodynamischen Modell als Funktion einer arithmetisch gemittelten Temperatur errechnet, im Drift-Diffusionsmodell wird sie zwischen den Diffusivitäten an den beiden Endpunkten der Verbindungslinie gemittelt:

  

Im hydrodynamischen Modell ist es durch die Mittelung der Temperatur besser möglich, die örtliche Diffusivität zwischen den Gitterpunkten darzustellen.

Für das transiente Problem wird eine Rückwärts-Euler-Diskretisierung verwendet. Das bedeutet, daß alle Modelle, Gleichungen, etc. für den aktuellen Zeitschritt formuliert werden, nur bei der Zeitableitung gehen die alten Variablenwerte als Konstante in die Gleichungen ein:

 

 

Dabei ist der aktuelle Zeitpunkt (die aktuelle Simulationszeit), der vorhergehende Zeitpunkt und die Länge des letzten Zeitschritts. Für die Berechnung des aktuellen Zustands des Bauelements ist nur die Information über den Zustand im vorhergehenden Zeitschritt notwendig, weiter zurückliegende Zeitschritte wirken sich nicht auf die Simulation aus.



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Martin Stiftinger
Fri Oct 21 18:22:52 MET 1994